seien wir realistisch
versuchen wir das unmögliche (che)
"Genau hinsehen, was geschieht." (Ilse Aichinger) - Der Internationale Journalismus ist zu Gast - in Innsbruck. Journalistinnen und Journalisten aus verschiedenen Regionen der Welt kommen - zu Wort.
Wahlkampfgeschenke seit 1945
ZIB 2-Anchorman Martin Thür ist bekannt für sein Hobby, Excel-Listen zu führen. Weniger bekannt ist seine zweite Leidenschaft: das Sammeln skurriler Wahlgeschenke. Anlässlich des Superwahljahres 2024 hat er für das diesjährige Journalismusfest eine Excel-Liste mit seinen lustigsten und bizarrsten Wahlgeschenken erstellt und wird diese Auswahl im Rahmen einer exklusiven Ausstellung erstmals der Öffentlichkeit präsentieren. Zu sehen gibt es Highlights wie die Erwin Pröll-Actionfigur, einen Eiskratzer „Gegen die soziale Kälte“ und Solartrockner-Wäschekluppen.
AUSSTELLUNGSFÜHRUNG MIT MARTIN THÜR: 12:45 - 13:45
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GESPRÄCH
Auf die russische Invasion der Ukraine im Jahr 2022 folgte eine umfassende Neubewertung der wirtschaftlichen und politischen Beziehungen Europas zu Russland. Unter anderem steht dabei die Energiepolitik im Fokus. Investigative Journalist*innen hatten bereits seit Jahren vor dem korrumpierenden Einfluss Russlands in Europa gewarnt. Über zwei Jahre nach Beginn des Krieges stellt sich die Frage, über welche Themen immer noch zu wenig berichtet wird, wie Journalist*innen an diese Themen herangehen können und ob die Medien der neuen Situation gerecht werden.
Ukrainische und deutsche Journalist*innen sowie Expert*innen der Zivilgesellschaft stellen die Ergebnisse ihrer Recherchen und Berichte vor und diskutieren, wie es mit der Berichterstattung über den Einfluss des Kreml in Europa weitergehen soll.
Olesia Horiainova - Co-Gründerin Ukrainian Security and Cooperation Center, Ukraine
Tanya Kozyreva - Journalistin, International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ), Ukraine
Sebastian Rötters - Urgewald, Deutschland
Moderation
Mattia Nelles - Deutsch-Ukrainisches Büro, Deutschland
Englisch und Deutsch mit Simultanübersetzung
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GESPRÄCH
In den vergangenen Jahren haben Menschen wie der frühere CIA-Mitarbeiter Edward Snowden oder der australische Investigativ-Journalist Julian Assange, Gründer von WikiLeaks, ihre eigene Sicherheit und Freiheit aufs Spiel gesetzt, um die Öffentlichkeit durch die Weitergabe geheimer Informationen über staatliche Verbrechen aufzuklären. Die Whistleblower zahlen für diesen Mut einen hohen Preis. Snowden ist im Exil in Moskau auf das Wohlwollen des Autokraten Wladimir Putin angewiesen, Assange sitzt seit fünf Jahren in Großbritannien in Haft, ihm droht bei Auslieferung an die USA lebenslange Haft. Menschenrechtsanwalt Robert Tibbo, der Snowdens Flucht arrangiert hat, und der britische Whistleblower und Ex-Botschafter Craig Murray diskutieren mit Ilja Braun von Reporter ohne Grenzen/Deutschland, wie man jene, die die Wahrheit ans Licht bringen, besser schützen kann.
Ilja Braun - Referent Advocacy bei Reporter ohne Grenzen Deutschland
Craig Murray- Journalist, Historiker, Menschenrechtsaktivist und Ex-Diplomat
Robert Tibbo - Menschenrechtsanwalt, Kanada
Moderation
Emily Busvine - Radio FM4-ORF
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Gespräch - MIT JOURLALIST*INNEN AUS DER REGION
Seit dem Angriff von Hamas-Terroristen am 7. Oktober, bei dem an die 1.200 großteils jüdisch-israelische Personen brutal ermordet und 253 Menschen als Geiseln verschleppt wurden, und seit in Folge der anhaltenden Angriffe des israelischen Militärs auf den Gaza-Streifen laut UNO-Angaben mehr als 30.000 Menschen ums Leben kamen (März 2024) und vielen der Hungertod droht, ist die Region weltweit in den Mittelpunkt der Berichterstattung gerückt. Die journalistische Arbeit im Kriegsgebiet in Gaza bleibt aber äußerst riskant: Laut dem Committee to Protect Journalists (CPJ) wurden in Gaza seit Kriegsbeginn mindestens 95 JournalistInnen, großteils PalästinenserInnen, getötet.
Wie sehen zwei Journalist*innen aus Israel-Palästina, eine jüdisch-israelische Redakteurin und ein aus Gaza stammenden palästinensischer Journalist, die Herausforderungen für Berichterstattung, jetzt in einer neuerlichen Zeit des Krieges? Wie schätzen sie die Medienlandschaft(en) in der Region ein? Welche Perspektiven sehen sie für die Region?
Den Dialog führt der Leiter des Jüdischen Museums Hohenems Hanno Loewy.
Tamar Tsvaigrach - Leitende Redakteurin bei Haaretz, Tel Aviv-Jaffa
Ahmed Alnaouq - Journalist aus Gaza, derzeit in London
Hanno Loewy - Literatur- und Medienwissenschaftler, Leiter des Jüdischen Museums Hohenems
Deutsch und Englisch mit Simultanübersetzung
Treibhaus und Gemeindemuseum Absam erinnern an den kritischen Mediziner und Publizisten Werner Vogt aus Zams in Tirol, einen Pionier der Zivilgesellschaft.
Der Arzt, Unfallchirurg und Aktivist der Arbeitsgemeinschaft Kritischer Mediziner Werner Vogt hat sich ab Mitte der 1970er Jahre als sozialmedizinisch orientierter streitbarer Publizist in Essays, Kolumnen und Buchpublikationen mit dem vorherrschenden Gesundheitssystem kritisch auseinandergesetzt. Krankheit sei „kein Zellunglück, kein Organversagen, das sich in Individuen ereignet“, so Vogt, Medizin habe die lebensgeschichtliche und soziale Dimension ins Zentrum zu rücken. Für Aufsehen sorgte Werner Vogt, als er 1979 mit Kollegen den Wiener Psychiater Heinrich Gross erstmals öffentlich mit seiner Rolle als NS-Euthanasiearzt in dieser Anstalt konfrontierte, wo mindestens 789 Kinder und Jugendliche ermordet wurden. Es war dies mit ein Anstoß zur Aufarbeitung der Kindereuthanasie „Am Spiegelgrund“. Von Werner Vogt erschienen u.a. als „Arm. Krank. Tot. Argumente für ein gewaltloses Krankenhaus“ (1989, als Hg.), „Reisen in die Welt der Altenpflege“ (2005), „Mein Arztroman“ (2013).
In Erinnerung an Werner Vogt lesen Rainer Egger und Johann Nikolussi seinen Essay „Finsternis: Der Fall Gross“.
Begleitet werden sie von Xaver Schutti an der Trompete & electronischen Geräten...
.Spenden sind erbeten.
Werner Vogt, Pionier der Zivilgesellschaft in Österreich, in Tirol herrschte zu seinem Tod im November 2023 Totenstille. Treibhaus & Gemeindemuseum Absam erinnern an ihn - mit J. Nikolussi, R. Egger & Xaver Schutti
In Tirol herrschte zu seinem Tod im November 2023 bisher Totenstille. Das Treibhaus und das Gemeindemuseum Absam erinnern in der Abschlußveranstaltung des Journalismusfestes an den großen Tiroler Werner Vogt: Rainer Egger und Johann Nikolussi lesen den Essay „Finsternis: Der Fall Gross“ aus dem Jahr 2005.
Begleitet werden sie von Xaver Schutti mit seiner Trompete!.
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Vor 50 Jahren, im November 1974, hatte der 1938 in Zams geborene Werner Vogt seinen ersten Fernsehauftritt, dessen Umstände sein weiteres politisches und publizistisches Wirken prägten. Denn schon Wochen vorher hatte die Ärztekammer alles versucht, um den Film „krank. Anmerkungen zum Spitalswesen“ von Götz Hagmüller zu verhindern. Der Arzt Dr. Werner Vogt war im Film Diskussionspartner des Ärztekammerpräsidenten Richard Piaty. Werner Vogt schreibt zu diesem Auftritt in seinem Lebensbericht Mein Arztroman: „Piaty zeigte sich in Mimik und Sprache als vorwurfsvoller Patientenfeind: Alle fressen sich krank. Ich, der freundlich strahlende Jungarzt, verwarf die schnöde Selbstschuldtheorie, berichtete von sozialen Krankheitsursachen und wies nach, dass sich die kurative Spitalsmedizin in einer schweren Krise befinde, mitverursacht durch die Kammer.“ Der kritische Film wurde trotz Protests der Kammer im Hauptabendprogramm ausgestrahlt und war so erfolgreich, dass er – trotz Kammer-Gezeter – sogar wiederholt werden musste.
Der ehemalige Tiroler Volksschullehrer, der seine erste Lehrerstelle in Vorarlberg – einen „sicheren Posten“ wie er später formulierte – fluchtartig verlassen hatte, begann in den 1960ern in Wien Medizin zu studieren. Mitte der 1970er hatte er im Film „krank“ den ersten Schritt aus einem System heraus gemacht, das er sein weiteres Leben lang als Aktivist der Arbeitsgemeinschaft Kritische Medizin und als Essayist kritisieren wird. 2010 meinte Werner Vogt, dass er in den zahlreichen gesellschaftlichen Konflikten Ende der 1960er seinen Zweitberuf erlernt hat: das Schreiben. Denn Werner Vogt wird in den nächsten Jahrzehnten ein Doppelleben führen – als Arzt in einem Unfallkrankenhaus und als Publizist, der keine reißerischen „Geschichten“ aus der Spitalsmaschinerie aufgetischt hat, sondern der in unzähligen Essays, Kommentaren, Kolumnen und Glossen nicht nur darauf hinwies, dass Krankheit eben „kein Zellunglück, kein Organversagen, das sich in Individuen ereignet, die ein falsches Leben führen“, ist, sondern, dass Medizin die lebensgeschichtliche und vor allem die soziale Dimension von Krankheit ins Zentrum zu rücken habe.
Aber nicht nur mit dem politischen System, auch mit dem politischen Personal beschäftigte sich Werner Vogt. So bringt er die Rolle von Günther Nenning auf den Punkt, denn „in ihm ist alles, was schon einmal Mode war, versammelt, durch ihn ist fast jeder neuen Idee Luft und Entwicklungsmöglichkeit genommen worden“. Den Professor Erwin Ringel fragte er, warum er „noch nicht an dem Weihrauch erstickt ist, den ihm die Biedermänner der Medienkultur zum Dank für die Erfindung der Österreichischen Seele zugewedelt haben“. Sein Bestseller betreibe die „schäbige Kunst der Psychointerpretation“ gesellschaftlicher Ereignisse. Und Vogt resümierte: „Ringel hat ein schlechtes Buch geschrieben. Freilich, ein gefälliges, ein geschwätziges. Jeder Behauptung folgt ein zünftiges Zitat. Dadurch erspart er sich das Argument. Besser, er hätte uns das Buch erspart, das nun nicht enden wollende Geschwätz von der österreichischen Seele.“ Und lange bevor Armin Wolf 2022 an die ORF-Stiftungsräte appellierte „es ohne Parteifreundeskreise zu probieren“ stellte Werner Vogt 1982 zur Diskussion, ob das österreichische Fernsehen wirklich so „tranig und parfümiert“ sein müsse? Vogt beschäftigt sich zwar auch mit den damals neuen „Seitenblicken“ – ein Stelldichein der plappernden Schweinemägen –, aber auch die Machtstruktur des Staatssenders nimmt er ins Visier und stellt die Frage, wer denn so vom ORF-Kuratorium gewählt wird? Vogt: „Der Gewählte kann eine Niete sein oder ein Talent, entscheidend ist seine verbürgte Treue zum Freundeskreis. Freilich: Nieten werden häufiger gezogen als Talente.“ Heute benützt man vielleicht mit Begriffen wie „Sideletter-Leak“ eine neue Sprache, das damit Bezeichnete ist aber noch immer das „Gängelsystem“ in Form eines gigantischen Amüsierbetriebs, von dem Vogt vor über 20 Jahren geschrieben hat.
Dreimal haben seine Gegner Werner Vogt vor Gericht gebracht. Der Prozess mit der größten öffentlichen Wirkung war die Klage des Euthanasiearztes Heinrich Gross wegen „übler Nachrede, die sich dann als aufklärende Rede gegen den Euthanasiearzt erwies, mir nützte, Gross dauerhaften Schaden zufügte“ (Werner Vogt). Die Auseinandersetzung mit den Patientenmorden in der Kinderfachabteilung Am Spiegelgrund in Wien 1940ff hat Heinrich Gross noch im Jahr 2000 mit „ich glaube, man könnte mir nichts nachweisen“ kommentiert.
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Werner Vogt hat in profil, Falter und Jüdischem Echo publiziert. Seine Texte sind in „Arm, krank, tot. Argumente für ein gewaltloses Krankenhaus“ (1989), „Einatmen, Ausatmen. Der Missstand als Norm“ (1991), „Reisen in die Welt der Altenpflege“ (2005) und in „Mein Arztroman“ (2013) in Buchform erschienen.
Werner Vogt, geboren am 3. Februar 1938 in Zams/Landeck, Tirol. Nach dem Besuch der Bundeslehrer- und -lehrerinnenbildungsanstalt in Feldkirch Lehrer in Bregenz und Bersbuch/Bregenzer Wald von 1957 bis 1958. Ab 1958 Studium der Psychologie, 1959 bis 1969 Medizinstudium in Wien. Von 1969 bis 2001 Facharzt für Unfallchirurgie und Oberarzt am Wiener Lorenz Böhler Krankenhaus der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt.
1975 Mitbegründer der Arbeitsgemeinschaft » Kritische Medizin «, 1975–1976 Modellversuch » Beratungszentrum für Gesundheit und Soziale Fragen « in Wien, 1979 Besuch der Flüchtlingslager an den Grenzen Nicaraguas im Auftrag der österreichischen Bundesregierung, 1979 Anklage von Primarius Heinrich Gross gegen Vogt – 1981 Freispruch durch das Oberlandesgericht Wien, 1981 Arbeit als Unfallchirurg in Juigalpa/Nicaragua, 1989 Arbeit am Orthopädischen Spital in Temesvar/Rumänien, 1991 und 1992 Fact-Finding-Missionen im Kosovo im Auftrag der OSZE, 1993 Bericht vor dem Europaparlament in Brüssel über die Ergebnisse der Wahrnehmungen im Kosovo, 2001 Mitinitiator des Volksbegehrens » Sozialstaat Österreich «, 2003 Pflegeombudsmann in Wien.
Auszeichnungen:
Friedrich Torberg-Medaille der Israelitischen Kultusgemeinde, Wien (2000)
Silbernes Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien (2002)
Heimweg
Nacht aus Schlüsselblumen
und verwunschnem Klee,
feuchte mir die Füße.
dass ich leichter geh.
(Ingeborg Bachmann)