treibhaus

Kulturprogramm für Stadtbenützer

Spielplatz am Volksgarten. Angerzellgasse 8, 6020 Innsbruck. Geöffnet alltäglich von 16:00 bis Sperrstund ist.

FLORIAN WEBER - BIOSPHERE

FLORIAN WEBER piano l LIONEL LOUEKE guitars l TOMMY MORGAN drums l DAN WEISS bass

In New York, einer seiner „Biosphären“, hat Florian Weber mit dem Bassisten Thomas Morgan und dem Schlagzeuger Dan Weiss ein Trio formiert, das sich – mit Lionel Loueke als ständigen Gast – als kompakter Klangkörper präsentiert: ineinander geschachtelte Rhythmen, verwoben in einen vorwärts treibenden Beat, der bei manchen Stücken – wie bei Webers „Cosmic“ – ins Rocken gerät und Piano und Rhodes sich gegenseitig befeuern. Mit Morgan und Weiss, einem der angesagtesten Drummer der Improvisationsszene des Big Apple, zimmert Weber auch aus Popsongs – Coldplay, Jamiroquai, Clapton – kraftvolle Grooves mit starken Breaks, aber ohne Muskelspiel der Beteiligten: Morgans Solopart etwa bei dem Coldplay-Hit „Clocks“ ist ein Musterbeispiel dafür, wie gut dieses Trio funktioniert. Louekes Gitarre mischt sich bei einigen Songs mit perkussiven Tönen ein. Mittendrin dann gibt’s eine sphärische Einlage, Louekes „Mivakpola“ als Interludium, mit samtenem Gesang und lyrischem Gitarre-Piano-Duett.

Mit 35 Jahren ist der Pianist Florian Weber auf Augenhöhe mit den internationalen Größen des Jazz. Sein Trio Minsarah ist die Working Band des legendären Saxofonisten Lee Konitz, mit der dieser ein bejubeltes Livealbum im New Yorker Village Vanguard, dem hohen Tempel des Modern Jazz, einspielte. Nun ist dem Deutschen jenseits von Minsarah ein kleines Meisterwerk geglückt. Mit Biosphere hat er etwas geschaffen, was zum Paradigma einer intellektuellen Bauchmusik werden könnte. Im Booklet ist nachzulesen, dass dabei drei Dinge Ziel der Bemühungen waren: Neben dem Klavier sollte das Fender Rhodes zum Einsatz kommen, nord- und westafrikanische Rhythmen sollten integriert werden und mathematische Konstruktionsprinzipien, auch aus der Fugenlehre, sollten eine Rolle spielen. Mit Lionel Loueke, dem ursprünglich aus Benin stammenden neuen Star an der Jazzgitarre, und den höchst versierten New Yorkern Thomas Morgan und Dan Weiss an Kontrabass und Schlagzeug waren dafür die besten Voraussetzungen gegeben. Man kennt punktuell ähnliche Ansätze aus dem Frühwerk eines Wolfgang Dauner oder Siggi Kessler, wo über repetitive, vertrackt groovende Patterns im Bass immer neue, einfach wirkende Motive in verschiebender Schichtung gelegt werden und so ein äußerst magisches, komplexes Geflecht entsteht. Weber und seine Mitstreiter spielen ein souveränes Spiel der Ver- und Entflechtung. Über fünf Originals und fünf Neudeutungen fremden Materials reißt dabei die Spannung nicht ab. Diese immer auch anmutige Musik geht mit Macht in den Bauch, mit Wärme zu Herzen, und hört doch nie auf, den Verstand zu erfreuen.

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Florian Weber: Mit Liebe und Sorgfalt Der Vater Musikprofessor, die Mutter Opernsängerin - klar, dass Florian Weber da wie von selbst zum Musikmachen kam. „Wir hatten immer ein Klavier zuhause,“ erinnert er sich, „und mit vier Jahren soll ich angefangen haben, darauf herumzuklimpern.“ Bis zum eigenen Trio war es dann aber noch ein weiter Weg. Der führte übers Klavierstudium - klassisch in Detmold, Jazz in Köln - schließlich nach Boston. „In Italien habe ich ein Stipendium bekommen, weil ich dort an einem Workshop vom Berklee College teilgenommen habe,“ berichtet Florian Weber. „In Boston bekam ich dann einen Platz in einem Wohnheim und konnte mich ganz auf die Musik konzentrieren. Nach einem Jahr Abgeschiedenheit fing ich an, Sessions zu spielen.“ Erst dort lernt Florian Weber seine Mitstreiter, den israelischen Bassisten Ziv Ravitz und den amerikanischen Schlagzeuger Jeff Denson, kennen. In endlosen Nacht-Sessions - weil nur nachts in Boston die Studios frei sind - feilen die drei an ihrem Sound und wachsen so zu einer fest verschweißten Einheit zusammen. Nach diversen Touren in den USA und in Deutschland erregt das Trio schließlich die Aufmerksamkeit von Enja-Chef Matthias Winckelmann. „Die CD ‚Minsarah‘ haben wir in Ludwigsburg im Tonstudio Bauer aufgenommen, wo es einen tollen Flügel und eine sehr schöne Atmosphäre gibt,“ erzählt Florian Weber begeistert. „Matthias Winckelmann war dabei und hat immer an genau der richtigen Stelle die richtigen Impulse gegeben. Er hat die richtige Mischung aus Motivation, Druck und Organisation.“ Der hebräische Name „Minsarah“ bedeutet im Deutschen Prisma und wie in einem ebensolchen die Farben gebrochen werden, so brechen in Webers Trio die Töne auf. Was die CD zu so etwas Besonderem macht, ist schwer zu sagen. Vielleicht das traumhafte Zusammenspiel, die romantisierende rechte Hand Webers und der kernige, wieselflinke Bass Ravitz‘ - man höre nur einmal, wie er durch Wayne Shorters „ESP“ fliegt - oder einfach die Tatsache, dass ein junges Trio selten so reif klingt. Für Florian Weber, der Musik zu atmen scheint, ist die Erklärung ganz einfach. „Mein Ziel ist es, etwas mit Freunden, mit Liebe und Sorgfalt zu machen,“ stellt er klar. „Das ist sehr wichtig für mich. Und in dieser Besetzung haben wir mit viel Liebe an jedem Detail gearbeitet und genau das hat mir vorher immer gefehlt. Wo gibt es das heute noch, das eine Band wirklich mit Liebe zusammenarbeitet.“
JAZZTHING


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All Music Guide, Alex Henderson
The history of jazz is full of ultra-gifted but self-destructive musicians who should have had very long careers, but instead died much too young (Charlie Parker, Fats Navarro, Bix Beiderbecke, among countless others). But that certainly isn’t true of Lee Konitz, who turned 80 on October 13, 2007. One cannot accuse Konitz of not living up to his potential or wasting his considerable talent; the alto saxophonist started recording in the late ‘40s and remained impressively productive 60 years later in the late 2000s. Deep Lee was recorded in September 2007 (when Konitz was 79) and finds him joining forces with the acoustic piano trio Minsarah, which consists of Florian Weber on piano, Jeff Denson on upright bass, and Ziv Ravitz on drums. Konitz enjoys a strong rapport with the members of Minsarah, who are young enough to be his grandchildren—and their encounter yields rewarding post-bop results on an album that is dominated by original material. Konitz has a long history of excelling on Tin Pan Alley standards, but the only Tin Pan Alley warhorse on Deep Lee is “Stella by Starlight”; Konitz, true to form, offers a version that is warm and lyrical but not overly sentimental. And once again, the cool-toned saxophonist demonstrates that cool doesn’t mean cold. Konitz also demonstrates that his chops have held up nicely over the years; at 79 bordering on 80, Konitz is clearly very much on top of his game. Deep Lee falls short of essential, but even so, this hourlong CD is a rewarding example of the veteran altoist continuing to excel in his senior years.