treibhaus

Kulturprogramm für Stadtbenützer

Spielplatz am Volksgarten. Angerzellgasse 8, 6020 Innsbruck. Geöffnet alltäglich von 16:00 bis Sperrstund ist.

Ernst Molden & das Frauenorchester - NEICHE ZEIT. CD-TAUFE SAMT PARTY.

Ernst Molden und das Frauenorchester gehörten in Pandemiezeiten einem verbotenen Gewerbe an. Als sie einander nach Monaten wieder zu nächtlichen Proben und schließlich zur Aufnahmesession treffen, sind die vier noch nicht einmal sicher, ob sie das eigentlich dürfen. Unter dem Druck der Verhältnisse entstehen schließlich zehn wilde Lieder. „Mörder Band“, sagt Ernst Molden vergnügt, „so arg waren wir noch nie.“ Irgendwie folgerichtig nennt die Band ihre zweite Platte NEICHE ZEID.

Die Band
SIBYLLE KEFER, geboren 1976 in Bad Goisern, im oberösterreichischen Salzkammergut. Sängerin, Komponistin, Multiinstrumentalistin und Musiktherapeutin. Jahrelang Mitglied der legendären Ausseer Hardbradler. Seit 2006 Teil der Ernst Molden Band. Mehrere Alben mit eigenen Songs zuletzt HOB I DI (Bader Molden Recordings).

MARLENE LACHERSTORFER, Jahrgang 1982, aufgewachsen in einer Musikerfamilie in Bad Hall, Oberösterreich. Jahrelang Bassistin der stilprägenden Band Velojet. Spielt unter anderem im preisgekrönten New-Folk-Ensemble ALMA, in der Tourband des deutschen Sängers Clueso und im vielbeachteten neuen Pop-Projekt PRESSYES des Velojet-Gründers René Mühlberger. Seit 2008 Zusammenarbeit mit Ernst Molden.​

MARIA PETROVA, bulgarische Schlagzeugerin und Percussionistin mit Lebensmittelpunkt Wien. Unter vielem anderen bei Madame Baheux und der Wiener Tschuschenkapelle tätig, trommelt sie  seit 2016 beim Frauenorchester.​

ERNST MOLDEN, geboren 1967, Liedermacher und Dichter, lebt mit seiner Familie in Wien-Erdberg

Songwriter Ernst Molden macht zurzeit einfach alles richtig.  Als Songwriter wird er zu Recht abgefeiert, und egal, mit wem er  nun gemeinsame Sache macht, sei’s der Willi Resetarits, Quetschn-Meister Walther Soyka oder der gute Nino aus Wien: Was der Ernst macht, ist immer von einer unnachahmlichen lässigen Eleganz durchdrungen. Und jetzt sitzt er auch noch wie der Hahn im Korb eines phänomenalen Frauenorchesters! Sibylle Kefer singt und spielt Gitarre, dazu Marlene Lacherstorfer am Bass und Maria Petrova am Schlagzeug.  Ich würde meinen Vintage Marshall meilenweit tragen, um mit nur einer der Damen mal abzurocken ... 

Der hoch dekorierte Stadtpoet spielt sich mit seinen zwei langjährigen musikalischen Partnerinnen und „DER Schlagzeugerin schlechthin“ durch den eigenen Song- und Einwienerungskatalog.
Sibylle Kefer, Stimme, Gitarre, Querflöte 
Marlene Lacherstorfer, Bass, Stimme 
Ernst Molden, Stimme, Gitarre 
Maria Petrova, Schlagzeug, Stimme

das  profil vor 10 jahren:

Räudige Poesie 

chistian sailer, profil, 18.6.2009

Wenn Ernst Molden einen Einfall hat, muss er sich entscheiden, wie er ihn festhält. Schreibt er ein paar Zeilen in sein Notizbuch, in dem er Anfänge von Romanen ausprobiert? Setzt er sich an den Computer und klopft eine Kolumne für die „Freizeit“-Beilage des „Kurier“ in die Tasten? Könnte nämlich auch sein, dass er stattdessen die Gitarre auf den Schoß nimmt, sich in die Küche setzt und beginnt, über ein paar Akkorden eine Melodie zu pfeifen.
Denn Ernst Molden, 42 , verfügt über mindestens drei veritable Talente. Erstens ist er ein ausgezeichneter Journalist. Das lernte er als Polizeireporter und Beilagenredakteur der „Presse“. (Auch für profil schrieb Molden mehrere bemerkenswerte Geschichten.) Zweitens kann er mit den Mitteln seiner Sprache kraftvolle und absurde Figuren entstehen lassen. Das ist in seinen Romanen „Doktor Paranoiski“, einem literarischen Splatter-Movie, dem nicht minder expliziten Vampir-Roman „Austreiben“ und der Bordell-Ballade „Die Krokodilsdame“ nachzulesen.
Drittens hat er auf bisher fünf Alben eine erstaunliche Entwicklung als Singer/Songwriter hingelegt. Hatte Moldens Debüt „Nimm mich Schwester“ noch gut hörbar kunsthandwerkliche Anteile, spiegelten seine „Bubenlieder“ die Suche nach einer originären Stimme, so bog Molden mit den gleichzeitig erschienenen Alben „Wien“ und „Foan“ in eine Kurve ein, in der besondere Zentrifugalkräfte wirken.
Weite der Sprache. Man muss das böse Wort „Austropop“ schnell genug in die Geschichte einflechten, um zu erklären, dass Ernst Molden nun zwar Popmusik im Wiener Dialekt machte und seine Musik den vertrauten Schemata amerikanischer Vorbilder folgte. Die Summe vertraut wirkender Teile ergab jedoch etwas Neues. Wenn im üblen Sektor des Austropop drei und drei fünf machen, dann kam bei Molden neun heraus. So kräftig, so präzis waren die Geschichten, die er über dem Sound seiner elektrischen, seiner akustischen Gitarren erzählte, dass sich wie von selbst der Schwerpunkt von Moldens künstlerischer Existenz verschob. War er bisher ein Schreiber gewesen, dem auch Lieder einfielen, trat er plötzlich als Musiker auf, der auch originelle Artikel schreiben konnte.



Strömender Zauber. Walther Soyka, viele Jahre lang der Harmonikaspieler Roland Neuwirths bei dessen Extrem-Schrammeln, bringt mit der Wärme seines Instruments den Sound auf Betriebstemperatur. Hannes Wirth gibt mit seiner Elektrogitarre, einer stone-washed Fender Telecaster, beredt Kontra, sobald ein Song Gefahr läuft, sich im Lieblichen zu verlieren. Molden und Resetarits probieren permanent, wie viel Mit­einander im Gesang es verträgt, wo eine zweite Stimme, eine Terz, eine Quint gefragt sein könnten. Probieren. Stehen lassen. Noch einmal probieren. Stehen lassen.
Auf einem Stuhl hinter dem Karree lehnt, scheinbar entspannt, der Münchner Musiker und Produzent Kalle Laar. Laar ist Kurator des „Temporären Klangmuseums“, ein Popintellektueller, der seine vornehme Aufgabe darin sieht, den Liedern ihre Struppigkeit zu bewahren. Er behütet die Regler des Mischpults vor einem Ingenieur, der sie zu virtuos bedienen könnte. In München ein Star, hat sich Laar in Ernst Moldens räudige Poesie verschaut. Wenn ein Song besonders gut geglückt ist, schenkt er den „Jungs“ ein strahlendes Lächeln, das ist die Währung in der Laimgrube. Nach drei Aufnahmetagen hat Ernst Molden eine Hand voll Leute in die „Non Food Factory“ eingeladen, ihnen möchte er die neuen Songs zum ersten Mal vorspielen. Eine Flasche Wein kursiert, was Willi Resetarits zur Erklärung zwingt, dass er bitte schön mit dem Trinken aufgehört habe, das jedoch mit umso heftigerem Zigarettenkonsum kompensiere. Gelächter. Resetarits und das Publikum sind seit jeher eine Zweckgemeinschaft.
Molden, „der Ernstl“ , wie ihn Resetarits nennt, ist nervös. Neue Lieder vorzuspielen, noch dazu Bekannten, Zugewandten. Eine Prüfung. Molden trägt Falten in den Wangen und den Hut im Nacken, bis sich aus diesem Nacken der Rhythmus des Einzählens schiebt, aans, zwaa, drei, vier, Walther Soyka moderiert mit seiner Harmonika den Titelsong des Albums ein, „Ohne di“, einen zartbitteren Country-Hadern von der Peripherie Nebraskas in Wien Mitte, und Schicht für Schicht schiebt sich der Sound dieser außergewöhnlichen Viermannband übereinander, verfestigt sich, entfaltet seine Wirkung.
Als der Erzähler Moldenresetarits als zweiten Song „Da Wind“ anstimmt, beginnt schließlich der Zauber zu strömen. kaa schbua vo dia kaan rest vo mia: Als das Lied verstummt, brauchen die Gäste ein paar Atemzüge, um zurück zu ihrer Aufgabe zu finden und zuerst schüchtern, dann fest und schweigend zu applaudieren. Dann macht die Weinflasche noch ­einmal die Runde. Der Willi trinkt ja nichts mehr. Aber der Ernstl nimmt einen Schluck.

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