treibhaus

Kulturprogramm für Stadtbenützer

Spielplatz am Volksgarten. Angerzellgasse 8, 6020 Innsbruck. Geöffnet alltäglich von 16:00 bis Sperrstund ist.

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EDITH VON DER TODEL TODEL

An die Kulturredaktion der Tiroler Tageszeitung:
Sehr geehrte Frau Schlocker -

Ich bedanke mich in aller Form für die Art und Weise, wie Sie mich und meine Arbeit wahrnehmen. Gestatten Sie mir zu Ihren schallenden in aller Öffentlichkeit ausgeteilten Ohrfeigen die eine oder andere Bemerkung.
Ich gestehe: als Treibhaus-Chef habe ich selbstherrlich und autoritär  der  Medienkunst Tirol im Treibhaus eine Öffentlichkeit angeboten und tue dies auch weiterhin. Ich gebe zu,  daß  in den drei Wochen, in denen z.B. das letzte Plakat der MedienKunst Tirol zentral im TreibhausCafe affichiert war  -  auch durch mein Zutun - mehr als 10.000 Menschen Gelegenheit hatten, sich damit auseinanderzusetzen.
Dafür NUR geprügelt zu werden tut weh.
Das Plakat "Antifaschismus Vergnügungspark" war Ihnen und der Kulturseite der Tiroler Tageszeitung bis gestern keine Erwähnung wert - so wie das von mir verantwortete Programm des Treibhauses in derselben Zeit der TT-Kulturredaktion keine einzige Zeile wert war (immerhin Künstler wie: Ketil Bjørnstad, Sidsel Endresen, Nouvelle Cuisine,  Eivind Aarset, Vienna Art Orchestra, Arve Henrikson, Saxofour, Maria Joao, Rebekka Bakken Steve Lukather ...).  Diese Ignoranz schmerzt. Ihnen für ihr Desinteresse  Zensur vorzuwerfen, kam mir bisher nicht in den Sinn. Sie haben sich in ihrer Kulturredaktion wieder einmal selbst übertroffen, Gratulation.
Den Ärger von Stefan Bidner / Roland Maurmair / Medienkunst Tirol nehm ich zur Kenntnis und versteh ihn sogar. Wir werden gemeinsam damit umgehen lernen. Wenn beide sagen,  die Aufgabe von Kunst sei es, zu provozieren, Diskussionen anzuzetteln,  kann ich dem zustimmen. (Ich selbst möchte Kunst aber nicht nur darauf reduziert wissen - aber ich hab ja keine Ahnung). Nur: Das Plakat hat weder provoziert noch zu Diskussionen geführt. Dem Bild  das jetzt im Treibhaus hängt: "Tribute to Miriam Makeba"   von  Sam Nhlengethwa,einem Künstler aus den Townships von Südafrika, (Sie haben sich nicht einmal nach dem Namen des Künstlers erkundigt!) werfen Sie vor,  "daß es ganz sicher niemanden in welchen Gefühlen auch immer stört."
Dasselbe trifft genau so für den Antifaschismus Vergnügungspark von Deutschbauer/Spring zu. Niemanden hat das Plakat erregt oder gar aufgewühlt. Es war hübsch und dekorativ. Wirklich - eine schöne Tapete.
Welche Diskussion und welche Provokation hab ich also beendet, wenn ich nach drei Wochen ein Plakat mit einem anderen überklebe ?
Trotzdem stempeln Sie mich zum "Zensor von eigenen Gnaden", zum "selbstherrlichen Maß aller Dinge".
Ich gebe zu: meine (private) Toleranzgrenze hat das Plakat tatsächlich überreizt. Ich war - durch Zufall - einer der 3 wenigen, dem die Absicht  nicht verborgen blieb. Ich habe es nach drei Wochen schlicht und einfach nicht mehr ausgehalten, tagein tagaus neben einem durch Computerbearbeitung behübschten und zynisch-zugeschminkten Leichenberg aus Auschwitz meinen privaten und meinen Arbeits-Alltag zu verbringen. Und: Ich akzeptiere es einfach nicht, wenn mit dieser todtraurigen Geschichte dermaßen behübschend oder zynisch umgegangen wird, sowie mit dem furchtbaren Original in einer Art und Weise, daß man die Hintergründe nur mehr durch Zufall entdecken kann und  praktisch niemand eine Chance hat, sich einer fragwürdigen Inszenierung zu entziehen.
So viel Sensibilität hab ich mir erhalten und diese Gnade möge mir weiterhin erhalten bleiben. Dagegen könne Sie gerne anschreiben.
Nach drei diskussionslosen Wochen (auch von Seiten der MedienKunst Tirol) habe ich die widerliche Pointe aus hinterfotzigem Betroffenheitskitsch beendet und das Kunstwerk dem Schicksal überlassen, das Plakaten in Innsbruck allgemein blüht:   daß sie überklebt werden. Das passiert Plakaten jede Nacht mehrfach. Auch meinen eigenen. Hildesheim auf den Innsbruck-Ortstafeln übelebte nur wenige Stunden, Hilde Zach als Chrsitkind beim Einzug keinen Tag, selbst Rudi Federspiel schiffte nicht lange in den Inn - ohne daß Sie dagegen angeschrieben hätten.  Das war halt keine Kunst .....
Durch meinen selbst so benannten "Vandalenakt" hab ich eine Diskussion angezettelt, die das KunstWerk anzuzetteln selber nicht imstande war. Wenn auch Sie der Prämisse von Maurmair/Bidner zustimmen, daß die Aufgabe von Kunst es sei, zu provozieren, Diskussionen anzuzetteln: Warum beschimpfen Sie dann  mich  - und gleich dazu als selbstherrlichen gefühllosen Großinquisitor ?
Und warum beschimpfen Sie nicht gleich das gesamte Treibhauspublikum als rohes, unsensibles Pack, dem es nichts ausmacht, neben den verborgenen Schreien von Kinderleichen tagesordnungsmäßig Bier zu trinken und neben dem Elend albernen KunstSmallTalk im bequemen Salon abzuhalten, wo doch früher alles besser war?
Wär doch leicht jetzt, Ihren Zeigefinger zu erheben nachdem andere Ihnen die Pointe buchstabiert haben.
Ach werte Frau Schlocker
Die Kunst ist ja so frei seit Sie auf sie aufpassen
- ich bin  so frei -
in meinem gemütlichen Salon darauf zu pfeifen.
Norbert K Pleifer
Bildhauer
PS: Ich hab Tapetenkleister verwendet - nicht Salzsäure!
 

 
Norbert K Pleifer   

 

 

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Treibhaus-Chef überklebt Plakatgalerie

Der Verein Medienkunst Tirol hat keine eigene Galerie. Einerseits aus Mangel an finanziellen Ressourcen, andererseits suchen sich die Medienkünstler auch ganz bewusst immer wieder neue - gern unkonventionelle - Ausstellungsorte. So wurde im heurigen Frühjahr, natürlich in Absprache mit Treibhaus-Chef Norbert Pleifer, im Treibhauscafe eine "Plakatgalerie" eingerichtet, die von österreichischen wie international umtriebigen Künstlern bespielt werden sollte.

Das erste Plakat gestaltete das tirolisch-amerikanische Künstlerduo Richard Hoeck/John Miller parallel zu ihrer Ausstellung in der Galerie Widauer. Um einen UPS-Mann und seine Kundinnen ging es in ihrem mit viel Ironie gespickten Plakat. Für Pleifer war es allerdings "sexistisch", es habe ihm "rein privat nicht gefallen", weshalb er es nach einigen Wochen überklebt hat. "Dieses Recht nehme ich mir heraus", so Pleifer. Und er sah auch absolut keine Veranlassung, vor diesem nach eigener Aussage "vandalistischen Akt" mit den Vertretern von Medienkunst zu reden.

Etwa Stefan Bidner oder Roland Maurmair, was diese sehr ärgert. "Pleifer hat keine Ahnung von Kunst", schimpft Bidner, für den diese Vorgangsweise "schwer reaktionär und für einen Kulturmenschen nicht zu billigen" ist. Denn die Aufgabe von Kunst sei es zu provozieren, Diskussionen anzuzetteln.

Diese Auslöschung von Kunst "bei Nacht und Nebel" (Bidner) war aber keine einmalige Aktion. Plakat Nr. 2 von "Chicks on Speed" fand offensichtlich das Gefallen von Pleifer, nicht jedoch die Arbeit von Deutschbauer/Spring. Das Foto eines Leichenberges im KZ Auschwitz war die Basis des vom Künstlerduo überarbeiteten Plakats. 

Nach drei Wochen wurde dieses von Pleifer überklebt, nach Aussage von Bidner bereits nach einer Woche. "Ich wollte Deutschbauer/Spring die Diskussion, die sie anzetteln wollten, nicht geben", so Pleifer, für den deren Annäherung an das Thema eine völlig "unehrliche" war. Dieses Plakat habe seine Toleranzgrenze ausgereizt, drei Wochen habe er es ausgehalten, andere - wie etwa ein norwegischer Musiker - keinen einzigen Abend.

Deshalb will Pleifer zukünftig jedes Plakat sehen, bevor es im Treibhaus aufgehängt wird. Diese Vorzensur wiederum ist für den Verein Medienkunst inakzeptabel. Der Sinn von Medienkunst Tirol, Orte zu vernetzen, werde auf diese Art ad absurdum geführt, so Bidner, die Plakatgalerie im Treibhaus "zum Unort".

Das vierte und letzte Plakat wird ab 18. November Martin Walde gestalten, parallel zu seiner Ausstellung in der Innsbrucker Galerie im Taxispalais. Von Pleifer unzensuriert, wie Roland Maurmair versichert, der für den Verein Medienkunst bereits auf der Suche nach einem neuen Platz im öffentlichen Raum ist.

Kunst, die mehr als bloße Dekoration ist, nicht nur in geschützten galeristischen und musealen Räumen stattfinden zu lassen, ist u.a. das Konzept von Medienkunst Tirol. Das Treibhaus schien ein idealer solcher Ort der - unfreiwilligen - Begegnung mit Kunst zu sein, gehen hier doch tausende Menschen ein und aus. Die Krux an der Geschichte ist allerdings, dass die Medienkünstler und Treibhäusler Pleifer offensichtlich völlig unterschiedliche Auffassungen von Kunst haben. 

Aber anstatt eine Auseinandersetzung in welcher Form auch immer mit dem Präsentierten zuzulassen, löscht Pleifer das, was ihm nicht gefällt, aus. Derzeit das sicher nicht unproblematische Plakat des Künstlerduos Deutschbauer/Spring, über das er eines von Miriam Makeba geklebt hat, das ganz sicher niemanden in welchen Gefühlen auch immer stört.

Kann das die Form sein, in der ein - zu einem guten Teil immerhin von Steuergeldern lebender - Kulturveranstalter mit Kunst, Künstlern und deren Art der Vergangenheitsbewältigung umgeht? Pleifer, der nie zimperlich im Umgang mit anderen war und für sich jede Toleranz fordert, handelt seinerseits total autoritär. Sein subjektives Maß hat das für alle zu sein. Schade um das Treibhaus, in dem es schon lange nicht mehr brodelt, seit es sich von einer offenen Werkstatt zum bequemen Salon gewandelt hat. (schlo)


Von E. Schlocker 
07.11.2005 20:43

 

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