Rülps-Trauma
In einer Menschenrechtssendung treten zum Unterschied von einer Tierschutzsendung Menschen auf und berichten von ihrem Schicksal. Dabei schwankt die Moderation immer zwischen Geilheit und Betroffenheit, der Zuschauer soll sich die ganze Sache betroffen ansehen, aber nicht allzu viel schlechtes Gewissen daraus entwickeln. Immerhin besteht der Sinn einer solchen Sendung darin, die Quote zu erreichen und den Zuseher bei Laune zu halten für die nächste Darbietung.In einer dieser Sendungen kam kürzlich ein Mann zu Wort, der immer rülpsen muß, wenn er eine Uniform sieht oder das Wort Polizei hört.
Grund für sein Trauma ist ein echt österreichischer Amtseinsatz. Wegen Drogenverdachts hat man diesem Mann, der nicht perfekt österreichisch spricht, fürs erste einmal ordentlich die Tür eingetreten und dann noch den Unterleib, weil er gerade in Schritthöhe war.
Die österreichischen Amtsorgane haben hintennach für solche Ereignisse eine eigene Amtsprache entwickelt, in der die Wörter "Gefahr in Verzug" und "situations-angemessen" immer wieder vorkommen. Außerdem rechnen die Amtsorgane mit dem sprichwörtlichen Schmäh nach dem Motto: "Geh heast, des war ja gar nicht so wüd!"
Die Psyche dieses bedauernswerten Mannes versteht aber keinen Schmäh und ist den Weg des Traumas gegangen. Das Rülpsen, das ja eine gewisse Sättigung mit der vorhandenen Situation dokumentiert und gleichzeitig Überdruck abläßt, ist beim Opfer zu einem Dauerphänomen geworden.
Als Zuseher kann man sich nun überlegen, wie oft man wohl in Tirol rülpsen müßte, wenn einem die Psyche den Rülps-Reflex verpasst hätte. Also bei dieser Menge an Uniformen, Scheinheiligkeit, Schmäh und Amtsjargon landauf landab käme auch unsereins nicht mehr aus dem Rülpsen heraus. Und wer garantiert uns, dass wir nicht eines Tages auch das Pech haben, daß man uns alles eintritt bis über den Schritt hinauf.





