treibhaus

Kulturprogramm für Stadtbenützer

Spielplatz am Volksgarten. Angerzellgasse 8, 6020 Innsbruck. Geöffnet alltäglich von 16:00 bis Sperrstund ist.

HOLSTUONARMUSIGBIGBANDCLUB

Den holstuonarmusigbigbandclub als konventionelle Volksmusikgruppierung oder Blaskapelle zu bezeichnen wäre schlichtweg ein Fehler. Anfangs warens fünf Typen. OK. Nach einer einjährigen Erholungspause sind es nun gar sechs Typen, krasse Typen. Je nach Bedarf zwischen 12 und 17 Instrumente, dazu viel Gesang und fallweise Beatbox. Das ist das Material, mit dem auf der Bühne gearbeitet wird. Soviel kann im Vorhinein gesagt werden. Viel mehr aber auch nicht. Vielleicht noch, dass die Typen sich ziemlich vielseitig geben, glauben, ihre Instrumente relativ virtuos zu beherrschen und sich bemühen, ihre Konzerte nicht immer gänzlich humorfrei zu absolvieren. Das war’s dann aber wirklich. Der Rest ist nicht Schweigen, sondern ein Konzerterlebnis der besonderen Art. Selbstgestricktes trifft wohl Aufbereitetes, Volksmusik trifft Jazz, Schlager trifft Pop trifft Balkan. Was wann warum wie genau passiert, ist nicht immer vorhersehbar. Weder für die Konzertbesucher noch für die Ausführenden.

HMBC: HOLSTUONARMUSIGBIGBANDCLUB. 

Was ist das? Volksmusik? Pop? Jazz? Weltmusik? Man weiß es nicht. Keiner, der die fünf Vorarlberger gehört hat, wird eine zweifelsfreie Einteilung vornehmen können. Und die werten Herrschaften wehren sich bislang erfolgreich dagegen, schubladisiert zu werden. Ein HMBC-Konzert soll ein Erlebnis sein. Ein Beutezug durch die musikalische Wildnis – vom Mississippi-Delta bis zu den Gipfeln der Karawanken ist kaum ein Musikstück davor sicher, durch den musikalischen Fleischwolf gedreht zu werden. Was das Publikum sonst erwartet, wissen die Musiker meistens selber nicht. Erwarten Sie das Unerwartete!

CROSSOVER IM BREGENZERWALD

Wenn Philipp Lingg Musik macht, lächelt er, sein Blick geht über die Bühne hinaus in eine andere Welt. Vielleicht sieht er die Töne kommen, die er gerade singt, auf der Ziehharmonika oder der Gitarre spielt. Lingg ist Mitglied der Bregenzerwälder Mini-Bigband HMBC (Holstuonarmusigbigbandclub). Der HMBC-Hadern „Vo Mello bis ge Schoppernou“ geht auf YouTube (1,2 Millionen Clicks) und in den Ö3-Charts (zweiter Platz) wie die Sau. Und plötzlich sind der schmale Vorarlberger Musikstudent Lingg und seine Kollegen von der Blasmusik berühmt.
„Das Lied ist halb erlebt, halb fiktiv“, sagt Lingg und lacht. Es erzählt vom Heimkommen nach einer anstrengenden Nacht. Das Vorarlberger Land bietet nicht die öffentlichen Verbindungen, die das Wiener Nachtleben vergleichsweise zu einem Kinderkirtag machen. Er sei die letzten zwölf Kilometer damals tatsächlich gegangen, erzählt Lingg.
Im Videoclip stolpern die Musiker nach einer anstrengenden Nacht heimwärts, stoppen Autos und blödeln, die adoleszenten Bemerkungen über das Nachhausekommen und vor allem die Melodie üben eine zunehmend trunken machende Wirkung aus. Sie läuft über einen Vamp von vier Akkorden, über dem Stimmen und Bläsereinwürfe in mehreren Lagen geschichtet sind.
Das Lied habe er vor zwei Jahren geschrieben, sagt Lingg. Als das Video (von Nikolaus Küng) auf YouTube 40.000 Zugriffe hatte, wurde Ö3 aufmerksam. Offenbar haben sie dort ein Frühwarnsystem, das auf InternetRenner aufmerksam macht. „Schoppernou“ wurde in die Heavy Rotation des Senders eingespeist und hob ab.
„Wir sind kritisiert worden, dass wir Alkohol und Drogen verherrlichen“, sagt Lingg. Als ob Vorarlberger weniger schlucken würden als Vertreter extrovertierterer Kulturen. Mit dem Image des Ländle mag diese herrlich besoffene Geschichte auf den ersten Blick nicht vereinbar sein. Mit der Umgebung der Musiker schon eher. Alle HMBC-Musiker haben in Blaskapellen den Marschmusik-Katalog gelernt. Lingg spielt zwar in der Schoppernauer Blasmusik die Posaune, beim HMBC aber macht er die Rhythmusmaschine mit Gitarre und Akkordeon, und er singt. Stefan Bär spielt Tuba, Andreas Broger Saxofon, Bartholomäus Natter Flügelhorn und Johannes Bär Posaune. Alle studieren Musik, in Vorarlberg, Salzburg und Wien, lieben und spielen Jazz. „Wir kennen einander von Kindesbeinen an“, sagt Lingg, aus den Kapellen der Dörfer im Bregenzerwald.
Sound of Blasmusik. Wie in den ländlichen Settings vom Bodensee bis zum Marchfeld üblich, sorgt die Blasmusik bei wichtigen Anlässen, von der Taufe bis zum Begräbnis, für den Sound. Der Bandname spricht davon. Die Holstuonar waren Bauern, die mit dem Vieh am „Vorsäss“, einer eher niedrig gelegenen Alm, waren. Wenn die Abende lang wurden und das Petroleum knapp war, fanden sich die Leute in einer Stube zusammen, Bierkrüge und Tröten wurden herausgeholt, es wurde geblasen, getrunken und getanzt und alles andere getrieben, was am Feierabend halt so dazugehört.
„Wir haben uns damit selbst als alte Holstuonar personalisiert“, sagt Lingg: „Die Väter vom Andreas und von mir waren schon in Tanzkapellen“, erzählt Lingg, „die Marschmusik hat uns geprägt. Das war der Fundus, mit dem wir auf der ersten Platte ,Querschlager‘ gespielt haben.“ Dann nahmen sie, dem entwicklungsromantischen Motto „Identität ist nicht Herkunft“ folgend, Covers von Popund Rockhits ins Repertoire auf, die zweite Platte „Free Sin“ erzählt davon. Wie das funktioniert, ist auf YouTube zu sehen, etwa eine LiveAufnahme von „Stand By Me“ aus Vöcklabruck 2009. Die Tuba beginnt mit einer Skizze der Melodie, Linggs Stimme setzt ein, die Chorstimmen und dreisätzigen Bläserphrasen schieben die Sache dem Höhepunkt zu, bis die Band in ein Up-Tempo-Gedicht kippt und am Ende zum Anfangsgroove zurückkehrt.
Lingg wird in nächster Zeit weniger zum Studieren der Musikerziehung, Psychologie und Philosophie kommen. „Viel spielen“ ist angesagt, Deutschland ist aufmerksam geworden, Bayern 3 spielt „Schoppernou“ rauf und runter. HMBC sind die gute Version der bösen Stadl-Volksmusik, selbstironisch und kompetent. Tourneen in Deutschland und Österreich werden geplant. Im November erscheint „Schoppernou“ als Single, im Februar 2011 geht die Band ins Studio, im Mai soll die neue CD auf dem Markt sein, mit lauter „eigenen Sachen“. „Ich hasse Kategorisierungen“, sagt Lingg, „aber vielleicht ist das wirklich Fusion oder Crossover.
johann skocek, die presse, 7.11.2010

/:Vo Mello bis ge Schoppornou bean I gloufo

DER OFFIZIELLE SONGTEXT:

Samstag Zaubod a dor Egg, I beo wiedor amaul halb varreckt
Oas, zwo, drü, vier, fünf, seggs, siebo Gläsle sand oas zviel gsin, I gloub i ka nix daföar
No an letschta blick uf mine Rolex Uhr, häb oa Oug zua, dass I jau do Zwölfar sea,
Glück kea, glück kea und scho hat ar mi gseah, Guni seyt itz züod fädo I toar nämle zuo
Min Lädo.

REFRAIN:
/:Vo Mello bis ge Schoppornou bean I gloufo
d'Füaß himmor weh tau:/
/:Weh tau, we tau, we tau, d'Füaß himmor weh tau:/

STROPHE 2:
Usse ussom Tritsch - abe vor a Kässtadl - Hond usse - wato bis an Karro kunt
Oas, zwo, drü, vier, fünf, sechs, siebo Stunda han I gwatot und zmaul kunt an rota Renault
Clio dauhear
Deanna huckt an Dütscha Koch, ar seyt "Ich kann Dich mitnehmen bis nach Mellau von da an
musst du schauen wie du selber weiterkommst und jetzt steig ein und mach das Fenster auf
es stinkt" ja reg di ned uf Zefix!!

REFRAIN:
/:Vo Mello bis ge Schoppornou bean I gloufo
d'Füaß himmor weh tau:/
/:Weh tau, we tau, we tau, d'Füaß himmor weh tau:/

STROPHE 3:
Blausa kea an Füaßo, Blausa kea im Kopf, so bean I ietrolat i üsa Gadoschopf
Oas, zwo, drü, halbeviere wiad as gsin sin
D'Mama ischt scho ufret gsin,
Si seyt "Ey Buob wau bischt scho wiedor gsin? Allad umanandsufo das kann as doch nüd sin
Ey Vator saig ou amaul eatz"
"Ja lassa macho ar wiat scho weasso was ar tuot"

REFRAIN:
/:Vo Mello bis ge Schoppornou bean I gloufo
d'Füaß himmor weh tau:/
/:Weh tau, we tau, we tau, d'Füaß himmor weh tau:/

Übersetzung von "Vo Mello bis ge Schoppornou"

STROPHE 1:
Samstag abends in Egg (der nächst größere Ort)
bin ich wieder mal halb verreckt.
1 2 3 4 5 6 7 Gläser sind eines zu viel gewesen,
ich glaub ich kann nix dafür.
Noch ein letzter Blick auf meine Rolex-Uhr -
ein Aug zu, dass ich noch den 12er seh'
Glück gehabt, Glück gehabt, doch schon hat er mich gesehen
Der Guni (der Chef des Lokals) sagt: "Jetzt geh endlich nach Hause, ich mach nämlich meinen Laden zu!"

REFRAIN:
/:Von Mellau bis nach Schoppernau bin ich gegangen,
die Füße haben mir weh getan:/
/:weh getan (weh tau), weh getan, weh getan,
die Füße haben mir weh getan:/

STROPHE 2:
Raus aus dem Tritsch (dem Lokal), runter vor den Kässtadl (auch ein Lokal),
Hand raus, warten bis ein Auto kommt.
1 2 3 4 5 6 7 Stunden hab ich gewartet -
auf einmal kommt ein roter Renault Clio daher.
Drinnen sitzt ein deutscher Koch, er sagt:
ich kann dich mitnehmen bis nach Mellau (der überübernächste Ort),
von da musst du schauen wie du selber weiterkommst, und jetzt steig ein,
und mach das Fenster auf, es stinkt!
"Ja, reg dich nicht auf zefix"

REFRAIN:
/:Von Mellau bis nach Schoppernau bin ich gegangen,
die Füße haben mir weh getan:/
/:weh getan (weh tau), weh getan, weh getan,
die Füße haben mir weh getan:/

STROPHE 3:
Blasen gehabt an den Füßen, Blasen auch im Kopf,
so bin ich reingestolpert in unseren Gadoschopf (so eine Art Veranda, üblich
bei alten Bregenzerwälder Bauernhäusern).
1, 2, 3, halb4 wird es gewesen sein, die Mama war schon wach.
Sie sagt: "Ach, Junge, wo warst du schon wieder?
Immer um die Häuser ziehen (umanandsaufen:-), das kann es doch nicht sein,
geh, Vater, sag doch auch mal was! "
"Ja lass ihn machen. Er wird schon wissen was er tut."

REFRAIN:
/:Von Mellau bis nach Schoppernau bin ich gegangen,
die Füße haben mir weh getan:/
/:weh getan (weh tau), weh getan, weh getan,
die Füße haben mir weh getan:/