treibhaus

Kulturprogramm für Stadtbenützer

Spielplatz am Volksgarten. Angerzellgasse 8, 6020 Innsbruck. Geöffnet alltäglich von 16:00 bis Sperrstund ist.

MARDI GRAS BRASS BAND

New Orleans-Groove-Attacke am Randes des Towers of Power

Eine "großkalibrige New Orleans-Groove-Attacke, die wie eine gemeinsame Session von Cpt. Beefheart, Tom Waits, Dr. John und Willy DeVille tönt" hören die Kritiker: "Big Band-Swing mit Schlagseite, afrocubanisches Feuer, Crime-Jazz, scheppernder Trümmer-Blues, Sousaphone und Rumbakugeln fusionieren zu einem fiebrigen Alptraum.
In der klassischen 11köpfigen New-Orleans-Brass-Band-Besetzung (Bass-Drum, Snare, Sousaphon, zwei Trompeten, zwei Posaunen, drei Saxophone und Vocals) erlangte sie Mitte der 90er mit ihrem schweißtreibenden Funk à la Tower Of Power lokale Berühmtheit , die sich mittlerweile auf ganz Europa ausgedehnt hat.

ALLIGATORSOUP (1999)
"Alligatorsoup ist ein bombastisches Album, das klingt, als hätten Pizzicato Five mit Tom Waits und den neuen Lounge Lizards gemeinsame Sache gemacht." (Jazzthetik), schallte es aus der deutschen Presselandschaft anlässlich des auf Hazelwood Records veröffentlichten ‘99er Debut-Albums von Mardi Gras.bb. "Und Weiße sollen das auch noch sein? Unglaublich!"

Ob sich Uli "Reverend" Krug, ehemals Tieftöner der Krautrock-Legende Guru Guru, darüber im Klaren war, was er da lostreten würde, als er einige Jahre zuvor mit einem Sousaphon im Handgepäck aus New Orleans zurückkehrend seinen Intimus, den promovierten Arzt für Haut- und Geschlechts-Krankheiten Doktor Wenz, mit dem Mississippi-Sumpffieber infizierte, ist mittlerweile nicht mehr festzustellen.

Belegt und von Arte dokumentiert ist hingegen, dass der Bass-Hüne, der auch heute noch mit Teilen von Mardi Gras.bb monatelang den südamerikanischen Regenwald durchstreift, um ¬– eine Unmenge Instrumente im Marschgepäck – Jam-Sessions mit den eingeborenen Indios vom Zaun zu brechen, an der Bourbon Street seine musikalische Bestimmung fand.

SUPERSMELL (2000)
Mit "Supersmell", dem grossartigen, bei Universal erschienenen, zweiten Longplayer, brachte man 2000 auch all diejenigen zum Verstummen, die ein Jahr zuvor noch orakelt hatten, dass die Band das kreative Niveau von "Alligatorsoup", zumal beim Major, unmöglich halten können würde. Ganz im Gegenteil: "Gegen Mardi Gras.bb sind alle Konkurrenten bloß Blasbeamte und Anfänger!", beschrieb das Rolling Stone-Magazin die Mannheimer Sound-Maschinerie. "Totale Infizierung inklusive 100%iger Identifizierung", urteilte Intro und stimmte damit ein in das Stakkato der Superlativen.

Und nicht nur national ¬– die "Supersmell"-Single-Auskopplung "Psychoflute" stieg von Null auf Eins in die deutschen Clubcharts ein – war das Erstaunen groß über den Siegeszug des "Teutonic Phenomenon". Längst hatte Mardi Gras.bb den schweißnassen Secondline-Groove  dahin zurückgetragen, wo er einst herkam, in die Arme des Mississippi. Es folgten Gastspiele in Moskau, Paris, Rom, Istanbul, London, Amsterdam, Den Haag, Budapest, Brüssel, Lissabon, Montreux, um nur einige Stationen zu nennen. In Cannes verzierte man die Filmfestspiele, auf der Bühne tanzte sich Milla Jovovich die langen Beine noch länger, in Montreal zelebrierte die Band ihren Voodoo-New Orleans-Groove vor 60.000 begeisterten Zuschauern. Prince himself ließ es sich nicht nehmen, dem gesamten Konzert backstage beizuwohnen. "Wenn Mardi Gras.bb loslegt, müssen Stühle festgebunden und Hallendächer festgehalten werden.", beschrieb ein Journalist einmal treffend die Live-Qualitäten der Brass-Apologeten.

ZEN RODEO (2002)
Als Mardi Gras.bb anno 2001 für eine Limited Edition von "Supersmell" erneut ins Studio ging, um mit Eumir Deodato, dem Produzenten von Kool And The Gang und Björk, den Deodato-Seventies-Super-Hit "2001 ¬– A Space Odyssey" neu aufzunehmen, waren die Noten zum dritten Album "Zen Rodeo" längst geschrieben. "Zum Niederknien schön", urteilte der Musik Express und "Mit Doc Wenz wurde der Welt der letzte große Entertainer geboren", der im Übrigen für "Zen Rodeo" zum ersten Male zur Gitarre griff.  

HEAT (2003)
Dass das musikalische Chamäleon Mardi Gras.bb auch beim vierten, 2003 erschienenen Album "Heat", nicht aufhören wollte sich neu zu erfinden, zeugt von anhaltend dreister Ungehörigkeit gegenüber den Konventionen des arrivierten Pop-Biz. Nach dem eher countriesk-introvertierten Schwelgen des Vorgänger-Albums schuf man ein kompromissloses Groovemonster, das laut OX "...jeden DJ für gut 40 Minuten komplett arbeitslos macht." "Großartige Platte einer großartigen Band" entschied Glitter House; "Mardi Gras.bb ist einfach zu heiß für diese Welt!" orakelten die Kinonews.

29 MOONGLOW (2004)
Im Herbst 2004 wirkte die Anfrage, maßgeblich am Score der im Stile der 20er Jahre aufgelegten, neuen X-Filme-Produktion "Was nützt die Liebe in Gedanken" mitzuwirken, wie ein Omen, denn die Mardi Gras.bb-"10-2-5"-Pentalogie mit der Rückkehr zu den Ursprüngen der großen Bands ins New Orleans der frühen Zwanziger abzuschließen, war längst beschlossene Sache. "29 Moonglow" titelte der letzte, erste Teil des Zyklus’ und wie Intro postulierte, "es wäre nicht Mardi Gras.bb, wenn es ihnen nicht gelingen würde, die wilde, verruchte, animalische und exzessive Musik der 20er Jahre zu reanimieren". "Zugleich melancholisch und glamourös wie das Leben des großen Gatsby, nach üblem Absinth und verrauchten Opiumhöhlen stinkend, kokett wie Rag und verrucht wie Josephine Baker. ", ergänzte Jazzthing.

INTRODUCING THE MIGHTY THREE (2005)
"Reduktionismus ist die konsequent isolierende Betrachtungsweise einzelner Elemente oder Strukturen eines Gesamtkomplexes, die dessen möglicherweise vielfältigen Verzweigungen außer Acht lässt. " Reduktionismus ist aber auch ein alter Bass, ein rudimentäres Schlagzeug, eine billige Gitarre und ein Mikrophon – und: Reduktionismus macht, wie wir spätestens jetzt wissen, mitunter eine Menge Krach! Wer der eminenten Soundmaschinerie Mardi Gras.bb über die letzten fünf Alben beim irrwitzigen Tanz durch die Epochen gefolgt war, musste schmecken, wie des Doktors Stromgitarre mehr und mehr aus den blechernen Gefäßen des Brassmonstrums blutete und hätte trotzdem nicht ahnen können, was da kommen wollte. Eine kleine Anzahl geheimer Klub-Konzerte in Trio-Besetzung, gedacht als Special für Superfans und Journalisten, gaben da schon mehr Aufschluss. Was der knallharte Kern der Band-Hydra da auf die staubigen Bühnenbretter nagelte, war nicht etwa Mardi Gras.bb-light, sondern eine so eigenständig unanständige Interpretation ihres kreolischen Swamp-Grooves, dass im Anschluss allenfalls von einer psychedelisch affizierten Subversion des teutonischen Sumpffiebers die Rede war. Als wäre man unversehens in einen verruchten Kellerklub mitten im Big Easy gestolpert, wo auf der Bühne Dr. John und Neil Young die frühen Meters in ekstatische, halsbrecherische Groove-Kaskaden treiben. Grund genug aus einem freudigen Phänomen gute Tradition werden zu lassen! THE MIGHTY THREE gehen ab sofort überall dorthin, wo Mardi Gras.bb schon immer hin wollte, aber in voller Montur nicht reingepasst hat und garantieren schrille, hitzige, fiebrige Nächte mit dem räudigen Charme des Delta-Blues. Als Hors d’Œuvre zum Spektakel entstand das Album „Introducing The Mighty Three“ binnen zwei verregneter Tage im Mai 2005.  

To be continiued...


MARDI GRAS.BB / INTRODUCING THE MIGHTY THREE
„Hey There!“ raunzt Doktor Wenz, der renitente Renegat, kratzt sich am Skrotum und verordnet den schöpferischen Affront in Three-Minor. Längst angekommen im Alles-Ist-Möglich rüttelt Mardi Gras.bb an der letzten Feste, probiert sich das polyglotte Orchester in der rauen Tonart der Reduktion und sperrt die blecherne Hälfte kurzerhand in die Garage. Und was da aus den exponierten Eingeweiden des so gestutzten Kolosses tropft, ist bare Essenz, ist Revue vom Wesentlichen, ist die Ursuppe, die das teutonische Phenomenon schon immer mehr als alles andere charakterisierte: Psychedelisch affizierter Overdrive – schizoid, hymnisch, ursprünglich. Mit dem ganz kleinen Besteck seziert le Docteur du Son am offenen Herzen des Delta-Blues’, legt den trans-epochalen Bypass ins Hier und Jetzt und schickt uns seine bis dato leiblichste Depesche: Die intonierte Eskapade für den toleranten Stoiker in Three-Minor.