treibhaus

Kulturprogramm für Stadtbenützer

Spielplatz am Volksgarten. Angerzellgasse 8, 6020 Innsbruck. Geöffnet alltäglich von 16:00 bis Sperrstund ist.

THOMAS ARZT / GRILLENPARZ.

Am Grillenparz, dem Hügel, der noch nicht Berg und nicht mehr Flachland ist, treibt eine Sommerfestgesellschaft der Wiederholung ihres eigenen Verbrechens zu. Von Politik wird hier nicht geredet, dazu schmecken Bier und Sau zu gut. Es soll nicht um gesellschaftliche Probleme, sondern um geselliges Beisammensein gehen! Damit wird Grillenparz zur privatpolitischen Groteske über Menschen, die ihre Wunden in keiner Öffentlichkeit mehr bereden, sondern in den blutroten, heimatlichen Bächen im Wald ertränken. Die Vergangenheiten nicht überwinden, sondern zwangsläufig erneuern. Und deren Verantwortung dort endet, wo die Leichen begraben liegen. Grad so, wie's der Chor der Grillen zirpt:

Obmstehiaufdahä. Obischauiiüberslaund. Außischauibiszuagrenz. Drüberschauiobanet. Zubischauizudeleidl. Einischauiindehittn. Drunterschauiuntadbettn. Weggaschauiwaunswostinkt.  
Die politische Leerstelle ist in Grillenparz ein kollektives Heimatverbrechen. Niemand scheint darüber zu reden. Alle wollen ihm entfliehen. Und jeder würde es wieder tun. Tatort ist eine voralpine Binnenwelt. Zwischen Zivilstadt und Wildland. Zwischen Geldmensch und Geiltier. Zwischen Schweißbadetag und Spätsommernacht. Bestimmt in einer Binnensprache. Nicht mehr Volksmaul, noch nicht Staatsnorm. Nicht mehr Rohschnitt, noch nicht Figurenfleisch. Nicht mehr Naturgesetz, noch nicht Moral. Welche Moral auch? Die des Jägers am Hochstand, der aufs Wild lauert und die Schlechten von den Guten sortiert? Die des Geldes, das im alljährlichen Firmenfest versoffen wird und die Schwachen von den Starken scheidet? Oder die des Gewissens, das hinter dem Schweigen lauert und die Vergessenden von den Erinnernden trennt? (Thomas Arzt)

THOMAS ARZT.
​Geboren 1983 in Schlierbach, Oberösterreich. War Gasthörer an der Filmhochschule München und studierte Theater-, Film- und Medienwissenschaft sowie Germanistik, Philosophie und Psychologie an der Universität Wien. 2008 entstand sein erstes Theaterstück Grillenparz im Rahmen des Autorenprojekts „stück/für/stück" am Schauspielhaus Wien. Es wurde mit dem von der Literar-Mechana gestifteten Hans-Gratzer-Stipendium ausgezeichnet und im April 2011 am Schauspielhaus Wien uraufgeführt, wo Thomas Arzt in der Spielzeit 2010/2011 als Hausautor arbeitete. Er erhielt u.a. das Dramatikerstipendium der Stadt Wien sowie das Thomas-Bernhard-Stipendium am Landestheater Linz. Beim Heidelberger Stückemarkt 2012 wurde sein Stück Alpenvorland mit dem Autorenpreis ausgezeichnet. In der Spielzeit 2015/16 wird sein neuestes Stück Totes Gebirge im Theater in der Josefstadt in Wien zur Uraufführung kommen.

GRILLENPARZ

Die Betriebsfeier eines österreichischen Traditionsunternehmens findet – wie jedes Jahr – „auf einer rustikalen Wiese mit archaischem Feuer und perversen Gesängen" statt: dem Grillenparz. Ein Abend irgendwo zwischen Stadt und Land, an dem die üblichen Regeln außer Kraft gesetzt sind. Doch aus dem tiefsten Inneren des unscheinbaren Hügels kündigt sich bereits das Erdbeben an: Fragmentierte Erinnerungen ans letzte Jahr lassen sich trotz nahezu perfektem Event-Management nicht unterdrücken, brechen hervor. Und alle sind irgendwie in Schuld verstrickt.
Das Debüt des gefeierten oberösterreichischen Dramatikers Thomas Arzt spielt auf grotesk-komische wie todtraurige Weise mit Klischeebildern von Heimatverbundenheit. Grillenparz ist ein vielschichtiges Stück über romantische Natursehnsucht und finsterste Triebhaftigkeit, erzählt von Einsamkeit und Entfremdung. 
„Alle wollen ihm entfliehen. Und jeder würde es wieder tun. Tatort ist eine voralpine Binnenwelt. Zwischen Zivilstadt und Wildland. Zwischen Geldmensch und Geiltier. Zwischen Schweißbadetag und Spätsommernacht. Bestimmt in einer Binnensprache. Nicht mehr Volksmaul, noch nicht Staatsnorm. Nicht mehr Rohschnitt, noch nicht Figurenfleisch. Nicht mehr Naturgesetz, noch nicht Moral." (Thomas Arzt)  

tON/NOt
Regie: Katrin Jud

Schauspiel
Flora: Michaela Adrigan
Bambi: Daniela Bjelobradic
Fischer: Peter Holzer
Winni: Tobias Horvath
Frau Hirsch: Michaela Senn 
Stieringer: Maximilian Stroka

Film: Lukas Ladner
Musikdesign: Isobel Cope
Bühne, Kostüm & Make-Up: Margret Wassermann, Eva Wassermann

Technik: Christoph Riess & Otto Wulz

Foto: Christa Pertl