treibhaus

Kulturprogramm für Stadtbenützer

Spielplatz am Volksgarten. Angerzellgasse 8, 6020 Innsbruck. Geöffnet alltäglich von 16:00 bis Sperrstund ist.

ROBOCOP KRAUS

Ganz langsam ganz groß: The Robocop Kraus

Zusammengewürfelt aus einem englischen Artikel, dem Lieblingsfilm und einer Hommage an „the German Elvis“ Peter Kraus ergibt der Bandname für die Nürnberger Pop-Post-Hardcore-Truppe ein absolutes Erfolgskonzept. Seit 1998 spielten sich die fünf im In- und Ausland förmlich den Arsch ab, mit dem vorigen Album auf L‘Age D‘Or nahm das Quintett den raketenhaften Aufstieg und das dieser Tage auf dem legendären Bad-Religion-Label Epitaph erscheinende „They Think They Are The Robocop Kraus“ wird    auf vielen bedeutenden Festivals in Europa vorgestellt. die songs schwitzen soul, punk, new-wave, emo-post-HC-einflüsse und tanzen sich in die indie-disco eures vertrauens

Die wildesten Kerle kommen immer vom Land. Das war früher in der Schule schon so, als die rauen Bauersöhne die härtesten Fäuste hatten, und daran hat sich auch heute nichts geändert. The Robocop Kraus sind wild und Freaks, wohnen aber immer noch im beschaulich fränkischen Nürnberg. Ein Ort der wilden Kerle und der größten Entertainer, wie die Live-Sets der furiosen Fünf beweisen. In ihrem Dress-Code zum Durchdrehen (Second Hand Anzug, Hemd und Krawatte) rockten sie schon halb Europa, die Staaten und Japan und ließen nur wilde Typen zurück. Denn wie wild muss man eigentlich sein, um seinen Bandnamen aus dem Lieblingsfilm und dem Lieblingsentertainer, dem deutschen Elvis Peter Kraus zu kombinieren?
Genau. Ziemlich wild. Deshalb spielen die vier Ur-Mitglieder Thomas Lang (Gesang), Matthias Wendl (Gitarre), Johannes Uschalt (Schlagzeug) und Roman Maul (Bass) 1998 auch noch in den wild-rockigen Bands Cyan und Maggat und gründen die Robos quasi nur als Ausgleichsband. Allerdings mit der Voraussetzung, dass jeder ein anderes Instrument spielt als in der Haupt-Band.
Nach den ersten Proben verlässt Roman die Band. Für ihn steigt Tobias Helmlinger ein, und mit Markus Stecker findet sich ein Organist, der mit seinem Instrument den Sound der Band maßgeblich prägen wird. Auf dem Do-It-Yourself Label Swing Deluxe, das Johannes und Thomas ein Jahr zuvor gegründet haben, erscheint 1999 eine erste Split-LP mit Cherryville und später das Debüt "Inferno Nihilistique 2000".

The Robocop Kraus sind Punkrock auf der einen Seite. Auf der anderen Soul. Zwischendrin eine fette Schicht Hardcore-Mentalität. Auf der nächsten Seite wieder Pop. Und die übernächste ist dann schon wieder das komplette Gegenteil. Und am Ende ist es doch nur Rock'n'Roll, der von 1965 mal kurz einige Jahrzehnte in die Zukunft katapultiert wurde und, was am schönsten ist, weder alt noch verbraucht klingt und konstant auf höchster Flamme durchbrennt. Ein Bremspedal kennen die Nürnberger nicht, und so touren sie auch mit der deutschen Band Yage und den New Yorker The World Inferno Friendship Society im Jahr 2000 durch das Land und lassen keinen Club unverändert zurück.

Im Januar 2001 nimmt die Band in Bietigheim-Bissingen (stay ländlich!) das zweite Album "Tiger" auf. Das erscheint zwar nicht mehr auf dem eigenen Label, sondern bei den Tschechen von Day After, aber The Robocop Kraus arbeiten hart daran, selbstbestimmt zu bleiben. Die Touren werden weiterhin selbst gebucht, das Artwork selbst gezeichnet, nach Konzerten übernachtete man im Flur von Wildfremden. Und das alles aus eine Grund: Bock auf Rock.

Nach "Tiger" fallen die Nürnberger über ganz Europa herein und lassen bei ihren Shows mit Bands wie Milemarker, Monochrome oder The Make-Up kein einziges Hemd im Schuppen trocken. 2002 fliegt man das erste Mal über den Teich und spielt eine Tour in Amerika und Japan. Am 24. März 2003 erscheint ihr dritter Longplayer "Living With Other People" - mit dem Hamburger Kult-Label L'Age D'Or bleiben sie weiterhin stilsicher. Ihr Song "Fashion" entwickelt sich zu so etwas wie einem Indie-Hit und The Kraus avancieren zum Geheimtipp.

Ihr viertes Album nehmen The Robocop Kraus mit Pelle Gunnerfeldt zusammen auf, der schon die Hives produziert hat. In Stockholm entsteht das großartige "They Think They Are The Robocop Kraus"


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Hat Nürnberg eigentlich mehr zu bieten ausser geschrumpften Bratwurstrudimenten und kitschigen Lebkuchenherzen? Nö, im Prinzip nicht, sagt Radio Christkindlmarkt, aber: Es gibt da eine hyperaktive Clique Wave-Tanz-Punk-vernarrter Freaks aus der rustikalen Dürer- und Meistersingerstadt, die sich mit ihrem vierten Album "They Think They Are The Robocop Kraus" anschickt, die internationale Alternative-Szene im Sog all der britischen New-Wave-Retro-Bands des schnell vergehenden Augenblicks delikat aufzumischen. Aber man täte den fünf Jungs von The Robocop Kraus im vorzugsweise getragenen Second-Hand-Anzug Unrecht, sie als den obligatorischen Franz-Ferdinand-Klon des Monats abzukanzeln. Wer seinen Bandnamen aus einer Verkupplung von blechbüchsenpolizistigem Lieblingsfilm und dem Lieblingsschwiegersohn aller Trümmerfrauen, Peter Kraus, generiert, der muss keinen Beweis für Originalität mehr abliefern. Die Kräuse legen mundgerechte Köder in alle Richtungen der Indie-Welt aus. Ein Doppelwhopper (hoppla!) aus Punkrock und Pop. Dazwischen eine triefende Fettschicht Hardcore mit knackigem Soul-Salat. Alles im Geschwindigkeitsrausch serviert, Bremspedal Fehlanzeige. Sofort bahnen sich dem von Neugier erfüllten Hörer die Vergleiche auf der Strecke von den Horchlöffeln zu den Synapsen ihren Weg: die Schwermut von The Cure kopuliert unverdrossen im melodischen Stakkatotakt mit der Getriebenheit der Talking Heads und der Tanzwut von XTC. Diese Musik glüht vor Leidenschaft, ist ein elektrisierender Punch ins Lustzentrum. Texte mit einer Eloquenz, die Schmidt und Andrack an der Haustür um Autogramme betteln lassen würde. Schon der Opener "After Laughter Comes Tears" bringt das Blut schlagartig auf Siedetemperatur. Und spätestens beim dritten Song der Platte, "You Don't Have To Shout", dessen Refrain so lange in einer Schleife rotiert, bis er sich in die ausgelieferten Gehirnwindungen hochschraubt und zu einem willkommenen Ohrwurm mutiert, möchte man sich schnell zwei Kumpels packen und Arm in Arm auf der Stelle joggend lauthals mitsingen. Grölen und Grillen, wie wär' das toll. Einmal Nürnberger Rostbratwürste, bitte!

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Mit ihrem vierten offiziellen Album machen THE ROBOCOP KRAUS mal wieder alles richtig. Das Gute ist, diesmal werden es auch wirklich alle mitkriegen, denn das war bereits lange im Voraus abzusehen. Die Vorab-EP wurde herzlich aufgenommen, die Konzerthallen sind voll, kein Festival der Saison wird ausgelassen und veröffentlicht wird „They think they are The Robocop Kraus" nicht nur auf L'age D'or, sondern sogar international auf Epitaph. Mit dem letzten Album „Living with other people" von 2002 ging es für die Wahl-Nürnberger steil nach oben und Kracher wie „Fake boys" oder „Fashion" setzten sich konsequent auf allen guten Tanzflächen durch. Mit dem neuen Werk soll es nun weiter nach oben gehen und wer sich mit dieser sympathischen Band beschäftigt, weiß dass das nur gerecht, weil hart erarbeitet wäre. Alles eine Nummer größer diesmal: Produziert in Schweden von Pelle Gunnerfeldt, der bereits Tanzkapellen wie THE (INTERNATIONAL) NOISE CONSPIRACY oder THE HIVES zu Großtaten gedrängt hat. Und tatsächlich hat sich in Sachen Sound so einiges getan, denn diesmal wurde es zum ersten Mal wirklich geschafft, das was THE ROBOCOP KRAUS auszeichnet auf Platte zu bringen. Keine leichte Aufgabe, eine der besten Live-Bands Deutschlands auf Band festzuhalten. Wer sich auf Kopien von einer Nummer wie „Fashion" gefreut hat, wird dabei zunächst allerdings etwas enttäuscht Richtung Anlage blicken. Mit etwas weniger Punk im Getriebe, dafür umso tanzbarer kommen die fünf Franken diesmal um die Ecke. Was schon immer mehr als Disco-Punk war, kann nun getrost als Pop bezeichnet werden. Wieder ein Album, was dem - zum Schimpfwort mutierten - Begriff ‚Pop' neues Leben einhaucht und es dahin zurückbringt, wo es herkommt. Die Verschmelzung von populärer Musik wird hier in Bestform dargeboten. An die alten Songs erinnert seltsamerweise am ehesten noch der Schlusspunkt auf „They think they are the Robocop Kraus"; „There are better lights in Hollywood" geht flott nach vorne und glänzt mit seinem Wechselspiel zwischen nervöser Gitarre und brummender Basslinie. Die erste Single „In fact you're just fiction" oder „All the good men" nehmen einen mindestens beim zweiten Hördurchlauf mit auf Tour durch die Diskos der Stadt. Den Auftakt nach Maß macht „After laughter comes tears" und die Hymne „Small houses odd cars" ist nicht nur das Highlight der Platte, sondern auch jetzt schon eine feste Größe im Programm. Die absurden Geschichten „You don't have to shout" und „Concerned, your secular friends" oder die Ballade „Life amazes us despite our miserable future" sind das Herz und die Seele dieser Scheibe. Mit diesen zwölf Hits wird man sich zurecht viele neue Freunde machen. Da fällt fast nicht mehr auf, dass THE ROBOCOP KRAUS vor den Aufnahmen des neuen Albums den wohl härtesten Schlag in ihrer Bandgeschichte verzeichneten, als die Position am Schlagzeug neu besetzt werden musste. Dieses Album wird Tränen trocknen und neue erzeugen. Allerdings werden es Tränen der Freude sein.